Trennung – und die Kinder?

Schwierig sind Trennungen, die nicht akzeptiert werden und die zu tiefen inneren Verletzungen führen. Der hässliche Streit in der Endphase einer Beziehung kommt mir manchmal so vor, als müsse auf den Schluss hin mit allen Mitteln die Schlechtigkeit des Gegenübers bewiesen werden. Wenn der Schmerz und die Enttäuschung nicht ausgedrückt werden können und vom Gegenüber nicht anerkannt werden, so entsteht oft eine grenzenlose Wut, die auch auf die Ebene der Kinder verschoben wird. Letzthin hat ein von der Frau und seiner zehnjährigen Tochter getrennt lebender Vater begründet, weshalb er den Kontakt zu seiner Tochter verweigert. Sie solle nur spüren, dass sie ihn verloren habe. Dadurch würde seine Tochter merken, dass Gott diesen Weg nicht gutheisst und gleichzeitig sei er überzeugt, dass Gott an seiner Stelle die Tochter trösten werde. Für das Kind ist diese Aussage unfassbar und unbegreiflich. Es zweifelt an sich selber im Sinne von „ich bin nicht gut genug, darum will der Vater nichts mehr von mir wissen!“.
Oft sind es auch die Mütter, die in ihrer partnerschaftlichen Enttäuschung den Vater der gemeinsamen Kinder demontieren und ausschliessen. Nach den grossen Ferien hat mir eine geschiedene Mutter empört berichtet, wie der Vater den zwölfjährigen Sohn während seinen Ferien mehrere Tage durch seine Schwester, die zugleich Patin des Kindes ist, hätte betreuen lassen. Diese Mutter empfindet das Handeln ihres geschiedenen Mannes als erneuten Schachzug von ihm gegen sie und zum Schaden des Kindes.
Das würdige Abschiednehmen ist eine heikle Passage auf dem Lebensweg. Vor allem braucht es ein Bewusstmachen, woran die Beziehung scheitert und was in der Beziehung nicht mehr lebbar und verloren ist. Dies gilt es zu unterscheiden von den guten Teilen der Beziehung, die man durch die Trennung verliert. Die Kinder einer Beziehung zähle ich immer zum guten Teil der Verbindung. Die Kinder sind lebender Ausdruck dafür, dass die Verbindung einmal bestanden hat und sie zu würdigen heisst, dafür zu sorgen, dass der Übergang für sie so schadlos wie möglich über die Bühne geht.
Eine faire Trennung kann man daran erkennen, dass beide wieder neue Perspektiven für ihr Weiterleben fassen können. Dort wo die Sicherheit zerstört wurde, braucht es neue Ansätze, zum einen auf der materiellen Basis, zum anderen im Bereich der Verlässlichkeit auf der Elternebene. Eine Neuordnung schaffen braucht Zeit, einen guten Geist bei den Betroffenen und den Willen zur offenen Verhandlung. Die Kinder spüren und erfahren das, wenn ihre Eltern miteinander fair verhandeln. Und sie sind die Ersten, die wieder Hand reichen für einen Neuanfang unter geänderten Umständen.
Dr. Christoph Pally